Von: Franziska Gerneth
Die Schmand-Torte ist ein echter Klassiker der DDR. Heute schmeckt sie für viele wie ein Stück Nostalgie, doch 1989 stand nicht nur die Torte auf dem Tisch: Mit dem Fall der Mauer begann auch der Ausverkauf des Ostens. Und das größte Stück vom Kuchen landete nicht bei den Ostdeutschen.
Über vier Jahrzehnte gehörten in der DDR Fabriken, Banken und Betriebe dem Staat – das Ergebnis krasser Enteignungen: Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden Großbetriebe, Landwirtschaft und Banken verstaatlicht und zu volkseigenen Betrieben, sogenannten Kombinaten, zusammengefasst. Später, zwischen den 50er- und 70er-Jahren, wurden fast alle Unternehmen ins Volkseigentum überführt.
Nach dem Mauerfall stand dann die große Frage im Raum: Wem gehört jetzt, was jahrzehntelang Volkseigentum war? Hier kam die Treuhandanstalt ins Spiel: Sie wurde quasi über Nacht Eigentümerin von rund 8.000 Kombinaten und Betrieben – und damit Arbeitgeberin von vier Millionen Ostdeutschen. Fast die Hälfte aller Beschäftigten.
Als Zwischeneigentümerin sollte die Treuhand die Planwirtschaft der DDR zur Marktwirtschaft umbauen. Und zwar durch Privatisierung, also den Verkauf der Betriebe an private Investor*innen – ein bis heute beispielloses Vorhaben. Die schnelle Privatisierung sollte helfen, die ostdeutsche Wirtschaft zu modernisieren. Denn die war kaum konkurrenzfähig: Anlagen waren veraltet und die Herstellung wenig produktiv. Außerdem – so die Idee – sollten mit den Gewinnen der Verkäufe die Kosten der Wiedervereinigung gedeckt werden.
In der Theorie klang das gut. Doch in der Praxis gab es viele Probleme: Die ohnehin angeschlagene Wirtschaft Ostdeutschlands verschlechterte sich weiter durch die Einführung der D-Mark und zwar zu einem Wechselkurs von 1 Ostmark zu 1 Deutschen Mark bei Löhnen, Gehältern und Renten. Das bedeutete, dass die ostdeutschen Betriebe auf einmal ca. 5 mal höhere Personalkosten hatten. Gleichzeitig brachen die Absatzmärkte der osteuropäischen Bruderländer weg und ostdeutsche Produkte waren – um es kurz zu sagen – out. Unternehmen machten also noch mehr Verluste.
Für ⅓ der Betriebe sah die Treuhand keine Zukunft mehr, sie wurden geschlossen – tausende Arbeitsplätze gingen verloren. 13 Prozent gingen an die von der DDR enteigneten Vorbesitzer*innen zurück, andere Firmen wurden verkauft. Und jeder wollte ein Stück vom Kuchen.
Das größte Stück – satte 85 Prozent des ehemaligen Volkseigentums – landete bei Westdeutschen. 10 Prozent gingen an internationale Investoren*innen und nur 5 Prozent – ein winziges Stück – blieb den Ostdeutschen selbst. Warum? Ganz einfach: In der DDR war es schlichtweg nicht möglich gewesen, sich ein ausreichendes Vermögen aufzubauen. Viele Ostdeutsche hatten also nicht das Geld, um mitbieten zu können. Außerdem waren die wichtigen Posten in der Treuhand schnell in westdeutscher Hand – und dort zweifelte man oft daran, dass Ostdeutsche ihre Betriebe überhaupt selbst führen können.
Ein weiteres Problem: Unzureichende Kontrollen machten die Treuhand anfällig für Wirtschaftskriminalität. Gerade in den Anfangsjahren nutzten manche Investoren*innen das aus, um an das schnelle Geld zu kommen – oft auf Kosten der Beschäftigten und der ostdeutschen Wirtschaft.
Die Treuhandanstalt und der damit verbundene „Ausverkauf des Ostens“ dauerten von Frühjahr 1990 bis Ende 1994. In dieser Zeit führten Betriebsschließungen, veraltete Strukturen, der D-Mark-Schock, weggebrochene Märkte, voreilige Privatisierungen und sogar Wirtschaftskriminalität zu mehr als 3 Millionen verlorenen Arbeitsplätzen, einem Schuldenberg von 264 Milliarden DM und ganzen Regionen ohne Perspektive.
Bis heute spürt man die Folgen der Nachwendezeit: Der Osten ist wirtschaftlich schwächer, viele Menschen sind abgewandert, und in Führungspositionen sitzen immer noch vor allem Westdeutsche. Von den 500 größten Unternehmen Deutschlands kommen nur 16 aus dem Osten und 12 davon sind Töchter westdeutscher oder ausländischer Firmen.
Die Treuhand hat auch kulturelle Spuren hinterlassen: Viele Ostdeutsche verbinden die Zeit nach 1990 bis heute mit Arbeitslosigkeit, Unsicherheit und Enttäuschungen.
Die Mandarinen-Schmand-Torte erinnert also nicht nur an süße Nachmittage, sondern auch daran, dass der Kuchen nach 1989 ungleich verteilt wurde – ein bitterer Nachgeschmack, der bis heute nachwirkt.
12
Portionen700 g Weizenmehl (Type 405)
100 g Zucker
1 Prise Salz
1 Päckchen Backpulver
360 g kalte Butter
130 ml Milch
100 g Schmand
2 Eier
1 EL heller Essig
3 Eier
3 EL Stärke
400 ml Milch
300 g Butter (Zimmertemperatur)
1 Dose gezuckerte Kondensmilch (klassisch oder karamellisiert, siehe Hinweis)
½ Prise Salz