Autorin: Isabelle Schwab
Kein anderes Essen steht so sehr für Deutschland wie der Döner. Gleichzeitig ist er leider auch zu einem Symbol für Rassismus geworden. Neonazis schrien in den Nullerjahren „Bockwurst statt Döner“ – als Parole gegen Menschen mit Migrationsgeschichte. Joke´s on them: Auch die Bockwurst ist ein Einwanderer. Sie kam im 17. Jahrhundert durch die französischen Hugenotten hierher.
Wer den Döner Kebap, übersetzt den “Drehbraten”, erfunden hat, ist umstritten. Viele vermuten den Ursprung Anfang der 70er-Jahre in Berlin-Kreuzberg. Aber wie so oft bei wichtigen menschlichen Innovationen hatten viele Menschen an unterschiedlichen Orten die gleiche Idee.
Klar ist: Türkische Arbeiter*innen haben den Döner Kebap nach Deutschland gebracht.
Foto: Bundesarchiv, B145 Bild F013069-0004, Fotograf: Ludwig Wegmann, via Wikimedia Commons, Public Domain (gemeinfrei)
Sie kamen als sogenannte “Gastarbeiter*innen” durch das Anwerbeabkommen zwischen Deutschland und der Türkei ab 1961 hierher. Die Bundesrepublik brauchte damals dringend Arbeitskräfte. Also holte man sie aus anderen Ländern. Unter anderem aus Italien, der Türkei, Spanien und Griechenland.
Es sollten junge, gesunde und vorwiegend männliche Arbeiter nach Deutschland geholt werden, die sich für die harte Arbeit in Fabriken und im Strassenbau eigneten. Sie wurden an der Grenze auch Gesundheitschecks unterzogen, die von Zeitzeugen auch mit der Musterung für die Armee verglichen werden.
“Gastarbeiter” wurden diese Menschen genannt, weil nie der Plan war, dass sie hier sesshaft werden. Arbeiter bekamen befristete Verträge, nach Ablauf derer sie in ihr Heimatland zurückkehren und jemand anderes ihren Platz einnehmen sollte.
Bild: Stadtarchiv Trier, Trierischer Volksfreund am 24.11.1973.
In den 60er-Jahren gibt es kaum eine Spur des Döners. Das änderte sich schlagartig mit dem Anwerbestopp 1973. Viele Türk*innen entschieden sich damals, in Deutschland zu bleiben. Die Lage in der Türkei war instabil: Militärputsch und Hyperinflation zerrütteten das Land. Und wenn sie einmal aus Deutschland ausgereist waren, war eine Rückkehr praktisch unmöglich. Also blieben sie und holten über den Familiennachzug ihre Liebsten nach Deutschland. Türk*innen waren die einzige Bevölkerungsgruppe, die nach dem Anwerbestopp bis 1980 wuchs. Von 1 Million im Jahr 1974 auf 1,4 Millionen im Jahr 1980.
Gleichzeitig verloren viele ehemalige “Gastarbeiter*innen” ihre Jobs. Als dann Jobs für ungelernte Arbeiter knapp wurden, machten sich viele selbstständig. So begann der Döner-Imbiss-Boom.
Doch wir kennen es: Wenn es mit der Wirtschaft bergab geht, geht es mit dem Fremdenhass bergauf.
Schon in den 70ern und 80ern gab es in Deutschland rechte Gewalt – in der BRD wie auch in der DDR. Nur: erfasst wurde das von der Polizei nicht.
Nach dem Fall der Mauer 1989 verschlimmerte sich die Situation: Im Westen hatte sich ein regelrechter “Türkenhass” etabliert. Im Osten gab es ein Vakuum aus Arbeitslosigkeit, Unsicherheit und rechter Gewalt, die als „Chaotentaten“ verharmlost wurde. Polizei und Politik schauten weg. Zu lange.
Es kamen die Baseballschlägerjahre in den 90ern. Brandanschläge in Mölln, Solingen, Rostock-Lichtenhagen. Anwohner klatschten Beifall, während Häuser brannten. Die Bilder hallen bis heute nach.
Erst 1998 positionierte sich Deutschland klar: Wir sind ein Einwanderungsland. Und Menschen, die schon lange in Deutschland leben, sollten endlich auch den Deutschen Pass beantragen können.
Kurz scheint es Hoffnung zu geben. Doch dann: Zehn Menschen werden zwischen 2000 und 2006 ermordet. Medien sprechen zynisch von „Döner-Morden“, weil die Polizei die türkische Mafia als Täter vermutet. Erst Jahre später bestätigte die Polizei, was die Angehörigen der Opfer schon lange wussten: Die Morde waren rassistisch motiviert. Und wurden durch den “Nationalsozialistischen Untergrund” (NSU) verübt.
Kein anderes Essen steht so sehr für Deutschland wie der Döner. Er steht für die Stärke und die Ausdauer von Einwander*innen. Für ihren Mut, ihren Schweiß, ihre Tränen. Und er steht auch für das Gute, dass sich trotz all dem Hass und Rassismus durchgesetzt hat. Als deutsche Lieblingsspeise verbindet er Bundeskanzlerin und Pflegekraft, Bankangestellte und Bauarbeiterin.
Der Döner steht schlichtweg für Deutschland – und zwar für ein Deutschland, das vielfältig ist.
4
servings400 g Seitan (fertig gekauft oder selbst gemacht)
3 EL Sojasauce
2 EL Olivenöl
1 EL Paprikamark (oder Tomatenmark)
1 TL Kreuzkümmel, gemahlen
1 TL Paprikapulver, edelsüß
½ TL Knoblauchpulver
½ TL Zwiebelpulver
Salz, Pfeffer nach Geschmack
200 g Sojajoghurt (ungesüßt)
1–2 Knoblauchzehen, fein gerieben
Saft von ½ Zitrone
1 EL Olivenöl
Salz & Pfeffer
150 g vegane Mayonnaise
3 EL Ketchup
1 EL Zitronensaft oder Orangensaft
1 TL Senf
1 TL Agavendicksaft oder Zucker
1 Schuss Tabasco oder etwas Paprikapulver
Salz & Pfeffer
2 Tomaten, gewürfelt
½ Gurke, gewürfelt
½ rote Zwiebel, in feine Streifen geschnitten
2 EL Olivenöl
1 EL Rotweinessig oder Zitronensaft
Salz & Pfeffer
½ Kopf Eisbergsalat, in feine Streifen geschnitten
1 Fladenbrot oder 4 Pita-Brote
Optional: Rotkohl, Karotten, eingelegte Peperoni